Cold Jay Turner: Debütsingle „Nighttime“ verspricht Gänsehaut-Momente
Neuer Beitrag
In einer Welt, in der Rationalität immer mehr an Wert verliert und sich hauptsächlich nur noch um Befindlichkeiten geschert wird, kommt ein No-Bullshit-Album wie “Rational Anthems” der Kasseler Band Catch As Catch Can gerade recht. Mit der EP “Buddy Positive” von 2017 und dem Debütalbum “Regular Vanilla” im Folgejahr konnten sie ordentlich Momentum generieren. Blieb abzuwarten, wie sie in ihrem nachfolgenden Langspieler auftrumpfen können. Denn eins ist garantiert gewiss: Das Vierergespann huldigt den rohen Klängen von Garage Rock der 1960er-Jahre mit einer charmanten Prise Unvorhersehbarkeit.
Insbesondere im Live-Setting können Catch As Catch Can durch die schiere musikalische Bandbreite, die sie heraufbeschwören, klar punkten. Sie liefern waschechten, rohen Rock´n´Roll, der es in sich hat und im Gedächtnis bleibt. Am 24. März 2023 erschien nach fünf Jahren das zweite Album “Rational Anthems” auf La Porchette Surprise. Es wartet mit 13 Songs in 39 Minuten Spielzeit auf, um der Kraft der Rationalität zu preisen. Gelingt Catch As Catch Can dieses Unterfangen oder ist es eine reine Selbstüberschätzung?
Mit dem Laden des Players, akzeptierst du Spotify's Datenschutzerklärung.
Gleich zu Beginn beim ersten Song War Ain´t Over (1) macht sich eine Änderung in der Produktion breit. Sie ist deutlich roher und unpolierter ausgefallen als im Vorgänger von vor fünf Jahren. Dies ist eine willkommene Abwechslung in einer immer glatter gebügelten Musikindustrie, wo Überproduktion unangefochten an der Spitze steht. Darauf folgt #borntobeonline (2), eine ironische Auseinandersetzung mit der immer prävalenter werdenden Abhängigkeit mit dem Internet und Smartphones et cetera.
Nach wie vor spielen Catch As Catch Can einen Hybriden aus Lo-Fi Rock und Garage Punk, welcher nur so vor Energie strotzt. Als drittes Bindeglied der Albumkette von “Rational Anthems“ erscheint Latent Stupor (3), was zu den Highlights der gesamten Platte zählt. Der Song startet direkt mit einer Aufnahme aus dem Proberaum, wo der Takt aus Versehen vom Drummer Patrick falsch angezählt wird. Lauthals wird sich von der gesamten Band darüber amüsiert. Dieser menschliche Fehler wurde charmant übernommen, was für Catch As Catch Can als Menschen abseits ihres Musikerdaseins spricht. Gang Shouts, lässige Drums und ein einprägsames Hauptriff brennen sich ins Gedächtnis und servieren einen souveränen Stand-out Track.
Nach einer großartigen Single-Auskopplung folgt zugleich die nächste. Sie ist auf den Namen Dogma (4) getauft. Der Song war die allererste Single-Auskopplung im vergangenen Jahr und ist ein klarer weiterer Top-Track der Platte. Hier beweisen alle Bandmitglieder von Catch As Catch Can erneut, dass sie ein eingespieltes Team sind. Der Song endet mit einem genialen, melodiösen Break. Mit Medium Rare (5) tut sich nun etwas im musikalischen Grundgerüst. Der generelle Lo-Fi Sound bleibt selbstverständlich bestehen, doch dieses Mal steht der Blues Rock á la frühe AC/DC im Vordergrund. Zum Schluss ertönt noch ein humoristisches Sample eines Zitats von Arnold Schwarzenegger.
Auf den sich bisher durchziehenden Sound von “Rational Anthems“ wird sich mit der nächsten Nummer Shrink (6) zurückbesinnt. Generell hat das neue Catch As Catch Can-Album einen durchgängigen, konsequenten Grundtonus und wirkt kohärenter durchdacht. Mit Alright (Ok) (7) folgt ein Upbeat-Track, der schelmisch gute Laune verbreitet und ein schrilles Gitarrensolo den Song beenden lässt. Als nächstes folgt Schism (8), ein Song, der sehr eingängig ist und durch ein unerwartetes Keyboard weiter untermalt wird. Hier darf der Bass einmal richtig herausstechen und die Gitarre bedient sich der fegenden Kraft des Funks. Der mehrstimmige Gesang kommt auf diesem Song gekonnt zur Geltung.
Danach hallt Barbwire (9) durch die Stereoanlage. Groovig und spaßbringend, so wie der Rest von “Rational Anthems“. Dasselbe gilt für den Nachfolgetrack Phantom Time (10), der durch ein stark melodiöses Ende zu punkten weiß. Die letzten Songs des Albums von Catch As Catch Can starten noch einmal enorm durch. Surviving The Good Life (11) bietet neben “Medium Rare“ eine weitere tonale Überraschung, diesmal in Form einer düsteren Country-Ballade. Ein melancholischer Sog wird heraufbeschwört und demonstriert, dass Catch As Catch Can neben der rotzfrechen, schieren Spielfreude eine Menge Tiefgang besitzen.
Der kürzeste Song des Albums, das Instrumental Well Done (12), bietet ein gesangloses Ouevre, welches durch einen flotten Beat vorangetragen wird und auf das Finale einstellt. Beim Finale des Albums I Felt Wild (13) scheint der Blues-Einfluss erneut hindurch. Hinzu kommt der ironische Text, der Klischees des Daseins als Rockstar mit einem gewaltigen Augenzwinkern aufzählt. Die Texte von Catch As Catch Can sind eh stets gewitzt und äußerst humorvoll.
Im Ganzen ist “Rational Anthems“ ein überzeugendes Follow-Up zu den bisherigen Werken von Catch As Catch Can. Rohe Produktion trifft auf kunterbunte künstlerische Hommage und Innovation, welche dieses Mal deutlich geradliniger als die Vorgänger zusammengesetzt wurde. Im Falle von Catch As Catch Can wartet diese Geradlinigkeit dennoch mit einigen überraschenden Wendungen auf. Wie die gehuldigten Lieder der 1960er-Jahre weisen die Songs auf “Rational Anthems“ eine recht kurze Spieldauer auf. Doch in der Kürze liegt die Würze! Eine klare Empfehlung für alle, die unverschnörkelten Rock´n´Roll lieben. Dreieinhalb von fünf mukken-Sternen.
Mit dem Laden des Players, akzeptierst du Spotify's Datenschutzerklärung.
Falls dir diese Review zu den musikalischen Tausendsassas Catch As Catch Can gefallen hat, solltest du nicht lange zögern und dir unbedingt weitere Albumreviews im mukken-Magazin einverleiben. Ob von weiteren fantastischen Rock-Acts wie Queens Of The Stone Age oder derben Metal-Walzen wie Cattle Decapitation. Sei dabei und genieße die informative Welt von mukken – weil Musik zusammenbringt!
Ursprünglich veröffentlicht am 11. Oktober 2023 aktualisiert am 11. Oktober 2023
Fokusthema: Nothing But Thieves - Dead Club City
Originally published on Oktober 11, 2023, updated on Oktober 11, 2023
Fokusthema: Nothing But Thieves - Dead Club City