Cold Jay Turner: Debütsingle „Nighttime“ verspricht Gänsehaut-Momente
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Seit 1989 beschwören die Mannen um John McEntee von Incantation böse Geister und exorzieren diese mit ihrem wuchtigen, Riff-fokussierten Death Metal mit Doom-Einschlag. Am 07. Juli kamen Incantation live nach Hamburg. Zusammen mit den im Untergrund stark gehuldigten und nicht minder kultigen Mystifier aus Brasilien. Gemeinsam spielten sie beim Party.San Warm-Ups in Hamburg. Incantation bezeichnet ihren Stil verschmitzt als Ancient Black Metal – also Uraltem Black Metal und ist bekannt für eine überbordende Theatralik auf der Bühne.
Austragungsstätte war der Kult-Club Bambi Galore im südöstlichen Stadtteil Billstedt. Ein Garant für authentische Heavy Metal-Veranstaltungen, der ein hingebungsvolles Team für sich beansprucht und fast immer mit einer angenehmen Atmosphäre aufwartet. Beide Bands stehen für konsistente Leistungen von Album zu Album. Doch können sie diesen Zauber auch in einem Live-Setting entfachen? Zusätzlich mit dabei war noch die 2019 gegründete Kieler Black Metal-Band Pestrite. Einem glorreichen Abend zur Huldigung der Dunkelheit dürfte also nichts mehr im Wege stehen. Oder offenbarte sich das Konzert als mickriges, feuchtes Lüftchen?
Als erstes machte sich kurz vor 21 Uhr die frische Kieler Formation Pestrite auf der Bühne breit, die erst seit 2019 gemeinsam Black Metal erschafft. Beim ersten Song war die Soundqualität miserabel. Die Gitarren waren kaum zu hören, allerdings verbesserte sich der Sound schlagartig. Doch die Aufwertung im Klang kann kaum etwas an der generischen Natur der Musik der fünf Kieler ändern, sodass man sich schnell wünschte, dass sie rasch zum Kielholen gebracht würden. Einzig die Drums konnten gelegentlich auftrumpfen und eine Finesse in das Konstrukt einbetten.
Allerdings waren die Kickdrums getriggert, was ein nerviges Gimmick im modernen Metal darstellt. Dadurch lassen sich die individuellen Kicks einfacher anschlagen und können somit ohne große Einwirkung unglaublich schnelle Tempi erreichen. Die knappe halbe Stunde Spielzeit zog sich wie eine gefühlte Ewigkeit und es war kaum abzuwarten, dass das Grauen zügig ein Ende findet. Gerade wo man dachte, dass nun das Finale ertönte, kam noch ein unnötig langer Song hinterher. Nicht überzeugend und arg vergesslich – ein schwacher Einstieg.
Als nächstes betreten die wahnsinnigen Brasilianer von Mystifier die Bühne des Bambi Galore und tünchen den Club in ein okkultes Gewand. Die primitive Black/Death Metal-Band existiert wie der Headliner Incantation seit 1989. Sie beehrte Hamburg mit einem Old School-Set, wo nur Songs der ersten Alben und Demos gespielt wurden, einem Sarcófago Cover der dienstältesten Extremmetal-Band Brasiliens inklusive. Der Sound ist von Anfang an gut abgemischt, jedes Instrument kommt klar hörbar zur Geltung.
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Eine rohe, primale Energie strahlt konsequent über die Spielzeit hinweg von den Musikern aus und die Band macht eine imposante Erscheinung auf der Bühne. Alle bis auf den Drummer sind in Ketten und Nieten gehüllt. Beide Gitarristen tragen Sonnenbrillen, der Bassist, Keyboarder und Sänger in einem dezenten Corpsepaint, während der Drummer gewöhnlich gekleidet bleibt. Dafür spielt er technisch versiert und martialisch zugleich. Der Bass rumpelt effektiv durch Mystifiers Set und die Gitarren schneiden sich förmlich ins Fleisch mit fiesen Riffs.
Über eine knappe Stunde geben Mystifier alles und die Lust und Laune stehen ihnen förmlich in den Gesichtern geschrieben. Manche Ansagen der Band sind aufgrund des starken brasilianischen Akzents sehr schwer zu verstehen. Doch auf gewisse Weise spielt dieser Faktor in das mystische Grundgerüst von Mystifier fließend mit ein. An einem Punkt gibt Gründungsmitglied Beelzeebubth einen Shout-Out auf den Film “Gummo“ von Harmony Korine. Ein voyeuristisches Meisterwerk, welches menschlichen Abschaum hautnah beobachtet und mit Black Metal unterlegt auf die Kameralinse bannt. Die Band hat mit ihrem Song Give The Human Devil His Due einen Teil des Soundtracks beigesteuert.
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Selbst die Keyboards, welche viel zu oft eher nervig sind und die Aggression und den Schwung der Musik erheblich mindern, werden selten, aber effektiv zur Erschaffung einer außerweltlichen Atmosphäre genutzt. Mystifier haben sichtlich Spaß und enorm Bock. Daher überziehen sie maßlos ihr zugeschriebenes Set, doch das stört niemanden an diesem Abend. Derart überzeugend brachial geben sie ihren Ancient Black Metal zum Besten. War dies womöglich bereits der heimliche Headliner?
Um 23:20 Uhr ist es an der Zeit, die ikonischen Incantation auf die Bühne zu beschwören. Und lautstark demonstrieren zu lassen, was perfider Death Metal der alten Schule heutzutage noch zu reißen vermag. Die ursprünglich aus New Jersey kommende, nun in Pennsylvania ansässige Band gilt als eine der konsistentesten Gruppen des gesamten Genres, so wie ihre Kollegen von Immolation. Ein hervorragend ausgewähltes Audiosample des Splatter-Klassikers “Evil Dead“ läutet die dämonische Zeremonie ein. Denn im Sample werden Beschwörungen rezitiert, die dem innewohnenden Bösen ans Tageslicht befördern.
Die folgende Stunde gleicht einem wahren Schlachtfeld, in dem rasende Death Metal Salven sich mit stampfenden Doom-Passagen die Hand reichen. Durch die bedrohlichen Schneckentempo-Walzen und gruselig anmutenden Gitarrenläufen wird im wahrsten Sinne des Wortes eine schaurige Stimmung heraufbeschworen. Auch hier funktioniert der Sound einwandfrei und alle Instrumente ragen klar hörbar heraus. Auch bei John McEntee´s Stimme wurde nicht gespart – sie ragt heraus, ist schön laut aufgedreht und mit einem gespenstischen Hall versehen. Sobald höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, gehen die Gitarren und der Bass etwas unter und nur noch der Gesang und das Schlagzeug sind in diesen Instanzen eindeutig hörbar.
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In naher Zukunft, genauer gesagt am 25. August, erscheint das neue Album “Unholy Deification“. Die erste Single Concordat (The Pact) I durfte in diesem Live-Setting bestaunt werden. Doch wie auch bei den Vorgängern Mystifier konzentrieren sich Incantation zum größten Teil auf die alten Hits ihres Registers. Beispielsweise Profanation vom ersten Studioalbum der Band (“Onward To Golgotha“), welches der erste Song ist, den die Band jemals gemeinsam geschrieben hat. Während dieser Dauerbrenner performt wird, reißt dem Gitarristen Luke Shively der Gitarrengurt. Dieser nimmt es gelassen mit Humor und kommt kurze Zeit später humoristisch im Crabwalk zurück auf die Bühne.
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John McEntee ist ebenfalls ein charismatischer Sympathisant und agiert über die gesamte Show wie ein alter, weiser Zauberer, der Beschwörungsformeln mit seinen Händen formt. Glorreiche Hymnen der Band wie Ibex Moon und Impending Diabolical Conquest fehlen in dem soliden Set von Incantation nicht. Die Zeit vergeht wie ein schmerzhafter Augenblick inmitten des Fegefeuers. Siege Hive markiert den krönenden Abschluss des Sets und McEntee schlägt Menschen in der ersten Reihe mit seiner Gitarre zu Death Metal-Rittern. Das Ende wird leicht bizarr, da sich der penetrante Geruch von Marihuana wie aus den Rauchmaschinen kommend im gesamten Bambi einnistet. Ein denkwürdiger Abschluss einer Show von einer der besten Bands des Genres!
Der Live-Bericht zu Incantation hat dir gefallen und du hast Lust bekommen, mehr über geniale Locations und Bands zu erfahren? Dann tauche ein in die weite Welt des mukken Magazins. Hier tummeln sich weitere Berichte zu Live-Performances, wie etwa zum Experimentalfestival Klub Katarakt in Hamburg oder dem SPH Band Contest. Pläne reifen momentan heran, um mehr auf der internationalen Bühne an Bord zu bringen, es bleibt spannend! Sei dabei – weil Musik zusammenbringt!
Ursprünglich veröffentlicht am 8. August 2023 aktualisiert am 8. August 2023
Fokusthema: Klub Katarakt – Festival für experimentelle Musik
Originally published on August 8, 2023, updated on August 8, 2023
Fokusthema: Klub Katarakt – Festival für experimentelle Musik