Cold Jay Turner: Debütsingle „Nighttime“ verspricht Gänsehaut-Momente
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“Kabinett” ist eine fünfköpfige, aufstrebende Indie-Rockband aus Mannheim. Nach einer Vielzahl von Förderungen, Festivals und ausverkauften Shows ist der einstige Geheimtipp dabei, sich zu einem etablierten Act zu entwickeln. Magdalena vom mukken Blog-Team hat die Band interviewt.
Hi ihr,
danke, dass ihr euch für das Interview Zeit mit uns nehmt. Als Erstes würde ich gerne folgendes von euch wissen:
Intensiv, Resolut, Emotional
Es hat Ende 2019 angefangen, als wir uns zusammengefunden haben, um Kabinett zu gründen. Während der Corona-Jahre konnten wir viel Zeit im Proberaum verbringen, um Songs zu schreiben und an unserem Sound zu feilen. Unsere Debüt-EP “Not About Us” ist das Ergebnis davon. Wie der Name schon sagt, sind es keine autobiographischen Songs und Inhalte. Jeder Track ist eine in sich geschlossene Geschichte mit jeweils ganz eigenem Sound. Wir haben demnach viele Stile und Genres mit einfließen lassen - trotzdem klingt alles nach uns!
Danach ging es direkt weiter mit unseren aktuellen Releases “Pablo” und jetzt auch “Ama Wave”. Beide Songs werden auf unserer nächsten EP “Blackout” erscheinen, die am 01.03.2024 erscheinen wird. Wir haben hierfür einen deutlich kohärenteren Sound, aber auch Ansprüche für uns definiert. Gleichzeitig verbringen wir aktuell sehr viel Zeit damit, über uns und unsere Zukunft zu sprechen. Wir wollen noch deutlichere musikalische Geschichten vermitteln und uns auf weniger Genres und Einflüsse einigen. Wir befinden uns also gerade in einer neuen Findungsphase - das Ergebnis steht aber jetzt schon ziemlich fest: es wird rockiger werden; aber das haben wir mit “Pablo” ja schon zeigen können.
Wir kommen ja alle aus sehr unterschiedlichen musikalischen Richtungen. Hier einen gemeinsamen Sound zu finden, war also wirklich sehr schwierig. Daher klingen die Songs von “Not About Us” so, wie sie klingen. Aber das zieht sich durch die gesamte Bandgeschichte. Auch heute noch haben wir natürlich unterschiedliche Vorstellungen von einzelnen Passagen oder auch ganzen Songs und arbeiten ununterbrochen daran, bis wir alle zufrieden sind. Bei uns wird kein Song veröffentlicht, hinter dem wir nicht alle zu 100 Prozent stehen! Während des Songwritings verwerfen wir dabei natürlich ab und zu auch Songs, jedoch sind das, glaube ich, sehr wenig im Vergleich zu anderen Bands. Meistens haben wir den Anspruch an uns selbst, den Song so zu verändern und neu zu formen, dass er uns wieder gerecht wird.
Generell sind wir sehr unterschiedliche Personen, was natürlich hier und da auch bei nicht-musikalischen Themen zu einem Clash führt. Wir konnten jedoch immer eine Lösung finden und haben eine sehr einzigartige Kommunikations- und Diskussionskultur entwickelt. Für Außenstehende ist diese wahrscheinlich kaum zu verstehen, aber für uns funktioniert es.
“Pablo” handelt von einem gleichnamigen Charakter, der von dem älteren und erfahreneren lyrischen Ich gewarnt wird, nicht die gleichen Fehler wie er selbst zu begehen. Es geht ums Abdriften, auf die schiefe Bahn geraten, sich zu verlieren. Pablo ist dabei sehr ignorant und naiv und verkörpert ein unbewusstes Handeln, das sich seiner Folgen nicht bewusst ist. Die bittere Wahrheit ist jedoch, dass Pablo nicht zu retten ist und er die Fehler eingehen wird, um zu lernen. Der Song ist in gewisser Weise also ein Appell, sein Leben in den Griff zu bekommen, bevor man Fehler macht, auf die und dessen Folgen man selbst und andere später herabblicken. Der Song ist deutlich persönlicher als unsere bisherigen Releases.
Unser neuer Song “Ama Wave” ist hingegen das musikalische Gegenstück zu Pablo. Sehr ruhig, aber mindestens genauso emotional und intensiv. Der Inhalt ist hier deutlich komplexer - ich glaube, man muss sich einfach auf die Musik einlassen und die Lyrics so interpretieren, wie man sie gerade versteht. Grundsätzlich geht es um das Zwischenmenschliche, das Leben selbst und Selbstwahrnehmung und wie unterschiedliche Persönlichkeiten und Lebenssituationen die Perspektive auf diese beeinflussen und ändern können.
Wie wahrscheinlich die meisten Künstler sagen werden, ist das Musikmachen eine Form der Selbstverwirklichung für uns. Welchen Stellenwert und welche Emotionalität das aber für jeden einzelnen von uns hat, kann pauschal nicht gesagt werden. Ich glaube auch, dass das von Tag zu Tag unterschiedlich sein kann. Manchmal ist das Kreieren selbst das Ventil, manchmal braucht man eine Auszeit genau davon. Es steht aber auf jeden Fall im Projekt Kabinett an oberster Stelle. Alles hat sich der Kunst unterzuordnen.
Das absolute Highlight unseres Künstlerdaseins war und ist immer wieder, wenn wir merken, dass das Publikum uns wertschätzt und sich von uns ebenfalls wertgeschätzt fühlt. Wenn wildfremde Menschen unsere Texte fehlerfrei mitsingen, bedeutet das für uns die Welt. Hinter den Kulissen sind die schönsten Momente, wenn wir einen neuen Song schreiben und an einem bestimmten Punkt schlagartig merken, dass da gerade etwas in der Luft ist. Es ist schwierig zu beschreiben, aber manchmal springen wir dann alle mit auf und verlieren uns komplett in einer Songidee. Es fühlt sich an wie eine kindliche Euphorie und man vergisst vollkommen, dass das gerade ja auch noch Arbeit ist.
Hier habe ich leider die ernüchternde Antwort, dass es dafür keine feste Vorgehensweise gibt. Manche Songs werden fertig oder fast fertig von einem von uns mitgebracht, manchmal ist es nur ein Gitarrenriff, eine Bassline oder ein paar Zeilen Text und manchmal fangen wir einfach gemeinsam komplett von Null an. Jeder von uns bringt Songs und Ideen mit ein und jeder von uns schreibt die Songs auch. Am Ende hat eigentlich jeder an jedem Song mitgewirkt.
Da wir mittlerweile unzählige Songskizzen rumliegen haben, mussten wir uns jedoch etwas strukturieren und haben feste Termine dafür, wann wir an welchen Songs arbeiten. Da wir teilweise sehr lange und auch schon sehr früh an kleinen Details arbeiten, sind wir in der Regel zufrieden mit einem Song, den wir fertig schreiben. Bleibt ein Song auf der Strecke, dann hat er meistens einem oder mehreren nicht gefallen und wird nie fertig geschrieben.
Wir standen mittlerweile schon sehr oft auf der Bühne und durften ja auch schon vor tausenden Menschen spielen. Das anfängliche Lampenfieber hat sich mittlerweile also schon gelegt. Natürlich lässt es uns aber nicht kalt, wenn wir in eine große Crowd vor der Bühne blicken - ein leichtes Kribbeln bleibt also immer und das ist auch gut so. Wenn man nichts mehr dabei spürt, vor so vielen Menschen zu spielen, dann hat man womöglich den Zugang zur eigenen Kunst verloren.
Vor unseren Auftritten bleiben wir meistens sehr eng beieinander und versuchen einfach, eine schöne Zeit zu haben und uns auf unseren Auftritt zu freuen. Es gibt nichts stressigeres, als wenn man hektisch drei Minuten vor Stagetime noch irgendwas oder, noch schlimmer, irgendwen finden muss.
Für Pablo oder generell? Das wechselt nämlich ununterbrochen - sowohl die Musik, die wir hören, als auch die Bands, von denen wir uns bewusst oder unbewusst inspirieren lassen. Aktuell stehen folgende auf unserer Liste: Arctic Monkeys, The Killers, Giant Rooks und Metronomy. Aber wir arbeiten mit sehr vielen Referenzen für unsere Songs und andere künstlerische Aspekte. Manchmal ist es nur ein ganz bestimmter Sound aus einem Song, der uns zu einem eigenen, am Ende völlig anders klingenden Song bewegt.
Allen voran natürlich das Problem, dass wir nicht da stattfinden und stattfinden können, wo wir es gerne würden. Von größeren Festivalbühnen über Playlists oder teilweise noch Radiosendern. Ist man hier kein großer Name, wird man oft nicht ernst genommen oder überhaupt nicht wahrgenommen. Die musikalische Qualität oder auch die Live Performance wird dabei nicht beachtet, es wird nur auf die Zahlen geschaut. Aber da muss man einfach drüber stehen und sich nicht demotivieren oder abwerten lassen. Die Zahlen folgen dann.
Die Musikindustrie ist eine harte, manche sagen sogar die härteste Branche. Das Recht des Stärkeren gilt - das hat seine Vor- und Nachteile. Am Ende ist es eine Industrie, es geht in ihr also im Rahmen unserer Gesellschaft in erster Linie ums Geld. Wenige große Unternehmen bestimmen den Markt und verdrängen deutlich kleinere Unternehmen und Künstler. Während es die Traumvorstellung vieler Künstler ist, bei einem der großen Labels unter Vertrag zu gehen, würden wir uns vielmehr darüber freuen, wenn diese nach und nach ihr Monopol verlieren und die Kunst als solches mehr Wertschätzung genießt – und Künstler nicht als “cash cow” betrachtet werden. Wir wünschen uns also eine klare Dezentralisierung, von der ein deutlich größerer Teil der Künstler profitieren würden. Aber das sind aktuell nur Utopien.
Es geht tatsächlich schon deutlich früher los mit Änderungsvorschlägen: Ich glaube, dass es kaum eine Industrie gibt, in der Freundschaft und Arbeit auf Augenhöhe so stark vorgegaukelt werden, wie in der Musikindustrie. Jeder ist mit jedem per Du, alle sind die besten Freunde und sobald jemand um die Ecke kommt, der den gleichen Job für einen besseren Preis macht, ist man weg vom Fenster. Loyalität existiert kaum - jeder kann sich nur auf sich selbst verlassen. Natürlich gibt es auch gute Partner, aber die sind leider sehr selten.
Was aber wahrscheinlich am meisten nervt, ist eine Kultur, die sich so einzigartig und ausgeprägt nur in der Musikindustrie etabliert hat: Das Nicht-Antworten. Und nein, ich meine nicht, dass die größten Magazine oder Festivalbooker mal nicht auf eine Mail geantwortet haben, sondern dass man selbst von den Menschen, mit denen man eng zusammenarbeitet, kaum eine Antwort bekommt, ohne ständig nachhaken zu müssen. Der Respekt in der Kommunikation ist vollkommen verloren gegangen.
Natürlich muss man hier einfach sagen, dass wir uns gerne zu 100 Prozent auf unsere Kunst fokussieren wollen. Das heißt, in erster Linie wünschen wir uns finanzielle Unabhängigkeit von anderen Jobs. Unabhängig davon wollen wir aber in erster Linie Menschen erreichen. Das klingt vielleicht ein wenig kitschig, aber darum geht es letztendlich ja. Wir schaffen unsere Kunst nicht exklusiv für uns selbst, sondern wir wollen sie mit der Welt teilen und hoffen natürlich, dass die Menschen uns auch zuhören möchten.
Langfristig wünschen wir uns eine Community, in der wir mit unseren Fans gemeinsam kommunizieren können - genauso wie unsere Fans uns vertrauen sollen, möchten wir unseren Fans vertrauen können. Die Künstler-Fan-Beziehung ist im besten Falle keine Einbahnstraße. Im europäischen Markt haben das nur sehr wenige Bands geschafft, was jedoch nicht heißt, dass wir das nicht versuchen werden!
Danke für dieses schöne Interview!
Wer “Kabinett” live erleben möchte, kann das auf ihrer “Blackout Tour” tun – ihrer ersten Tour überhaupt! Die Band tourt 2024 durch Deutschland und wird in den Städten Heidelberg, Hannover, Köln, Hannover, Hamburg, Berlin und in Frankfurt am Main zu sehen sein. Tickets und Infos zur Tour findet ihr hier. Weitere Infos zur Band gibt es auf ihrer Instagramseite.
Du bist grundsätzlich interessiert an musikalischen Themen und Bands? Dann schau dich doch mal auf unserem mukken Blog um!. Hier findest du spannende Artikel für Musikfans und Musikschaffende! Und falls du selbst Musik machst und nach einer Band oder Bandmitgliedern in deiner Nähe suchst, dann kannst du auf unserem Musiker*innen-Suchportal fündig werden. Viel Spaß beim Herumstöbern!
Ursprünglich veröffentlicht am 5. Dezember 2023 aktualisiert am 11. Dezember 2023
Originally published on Dezember 5, 2023, updated on Dezember 11, 2023