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Midnight live – 20 Jahre pechschwarzer Rock´n´Roll

Ein Bandmitglied der Band Midnight in Lederjacke, schwarzer Maske und Patronengürtel hält einen brennenden Bass
Brennende Leidenschaft. | Bild: Midnight

Wenn die Glocken zwölfmal erklingen und die Raben ihr Totenlied anstimmen, dann schlägt es zumeist Mitternacht. Die sagenumwobene Geisterstunde, in der die Grenzen zwischen der astralen und der körperlichen Welt verwischen. Diese Zeit ist Namensgeber für eine Vielzahl von aufstrebenden Bands. Doch die gefährlichste und schlichtweg coolste von allen ist Midnight aus Cleveland, Ohio. Das Projekt besteht seit 20 Jahren und im Rahmen dieser langen Existenz erfolgt im Jahr 2023 die große Jubiläumstour von Midnight live.

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Am 05. Juli beehrte die Gang das Hamburger Bambi Galore, einem der geeignetsten Clubs für harte Musik in der Hansestadt. Die Tour wurde auf den Namen “20 Years of Hell, Speed and Sleaze“ getauft. Die Band hat sich über die Jahre einen regelrechten Ruf darin erarbeitet, exzessive und unvorhersehbare, manchmal sogar gewalttätige Live-Shows zu servieren. Als Unterstützung hatte die Band die junge Bremer-Formation Vomit Division mit im Gepäck. Hier erfahrt ihr, ob das Konzert eine angebrachte Jubiläumsshow darbot, oder ob es letztendlich viel Geschrei um nichts gab.

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Sympathischer Start

Vomit Division nach ihrem Auftritt auf der Bühne
Vomit Division suhlen sich im Erfolg | Bild: Hannes Bothfeld

Im Rahmen ihres zwanzigjährigen Bestehens war das Bambi auf einen Mittwochabend völlig ausverkauft. Eine äußerst positive Bilanz für den sympathischen Hamburger Schuppen. Fünf Minuten nach acht Uhr abends beginnt die Huldigung des perversen Exzesses. Vorband Vomit Division ist in seiner Essenz ein Solo-Projekt des Bremer Musikers Desmotes. Dieser gehört hauptsächlich der ambitionierten Black Metal-Band Fiat Nox an. Live hat er sich Unterstützung von vier zusätzlichen Maniacs herangezogen. Es beginnt eine angeschwärzte, dreckige Heavy Metal-Show für etwas über eine halbe Stunde.

Leider spielte der Sound nicht gehorsam mit und ließ die sympathischen Jungs gehörig in der Schlacke des schlecht abgemischten Sounds versacken. Der hauseigene Mischer besaß noch die Frechheit, sein Versagen zu glorifizieren. Er behauptete, dass der Ton so schön sei, trotz wiederholter Litaneien vonseiten des Publikums. Nichtsdestotrotz knien sich Vomit Division spürbar in ihr Set rein und posieren und spielen einen High Energy-Gig mit einer gesunden Prise Humor.

Dem schlechten Mix zum Trotz

Während des gesamten Sets hat sich der Ton überhaupt nicht verbessert. So blieb beispielsweise der Gesang arg in den Hintergrund gedrängt. Für einen kurzen Moment übernahm Desmotes die Gitarre und ließ den Aushilfsgitarristen ans Mikrofon, der sich die Seele förmlich aus dem Leib schrie – dem miserablen Sound zum Trotz. An dieser Stelle wurde ein Spruch auf Kosten von Iron Maiden gebracht. Die Band hatte zu dem Zeitpunkt drei Gitarren auf der Bühne, aber im Gegensatz zu den englischen Legenden seien sie wenigstens nicht halb tot.

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Es ist deutlich zu erkennen, dass die Band den Heavy Metal der alten Schule anhimmelt (anhöllelt?) und ihn mit einer greifbaren Inbrunst in die heutige Zeit transportiert. Die Band wurde 2019 gegründet und kann ein Album vorweisen. Es bleibt also abzuwarten, ob sich etwas Eigenes etablieren wird. Viel Bier wird während des Auftritts verschüttet und einige Witze und Seitenhiebe gerissen. Den Abschluss markiert der Song “Panzerabwehr Rock´n´Roll“, der beweist, dass Vomit Division Potenzial besitzen. Insgesamt bleibt zu sagen, dass die Musik nicht die Beste ist, aber sie wird mit Überzeugung und Herzblut vorgetragen.

Lust, Dreck und Verkommenheit – Die unheilige Dreifaltigkeit

Athenar von der Band Midnight auf der Bühne
Athenar posiert| Bild: Hannes Bothfeld

Die Uhr schlägt zehn Minuten nach neun und das gesamte Licht im Bambi Galore erlischt. Dann flackert das Bühnenlicht im Einklang mit schallenden Glockenschlägen auf – zwölf an der Zahl. Eine morbide Stimmung macht sich breit, das gerammelt volle Bambi scheint vor Anspannung fast auseinandergerissen zu werden. Es ist Zeit, eine der furiosesten Live-Bands im Heavy Metal-Genre willkommen zu heißen: Die verkommenen Gestalten von Midnight betreten die Kellerbühne. Das Live-Trio um Bassisten, Sänger und Bandkopf Athenar legen direkt ohne Gnade los und servieren ein angeschwärztes Speed Metal-Fest, das es so richtig in sich hat.

Die zwei Dekaden andauernde Karriere wird mit einem runden Best-of zelebriert, wo alte und neue Fans vollkommen auf ihre Kosten kommen. Selbst die Gebete der Audiophilen wurden erhört. Midnight sind nebenberuflich vom Rowdytum auch professionelle Musiker, die ihren eigenen Soundmischer mitgeschleppt haben. Bereits beim Soundcheck achtete er penibel auf den bestmöglichen Sound – und siehe da: Diese akribische Hartnäckigkeit sollte sich auszahlen!

Midnight live überraschend friedlich

Den zahlenden Gästen fiel diese erstrebenswerte Eigenschaft auf. Gleich mit der ersten Note verwandelte sich die Konzertstätte in einen wilden Moshpit, der unnachgiebig bis zum schweißgetränkten Schluss andauerte. Das Jubiläumsset dauerte etwas über eine Stunde, doch diese wurde bis ins minutiöseste Detail ausgenutzt. Auf der Bühne macht die Band eine infernalisch coole Figur. Alle Jungs von Midnight treten seit ihrer Gründung mit minimalistischen Klamotten, dafür mit Henkerskapuzen und pechschwarzen Masken darunter auf, welche keine Spur der Gesichter preisgeben.

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Die Menge war über die gesamte Spieldauer hinweg völlig außer Rand und Band und der wahre Spirit des Rock´n´Roll lebt gewalttätig auf. Dieses Mal gab es vonseiten der Band keine Gewalt gegen das Publikum zu erfassen. In der Vergangenheit gab es schon einige Reibereien mit Fans, Security oder der Location an sich. Dieses Mal war die Band überraschend gut gelaunt und bedankte sich hin und wieder bei dem wildgewordenen Publikum. Lediglich die Lautsprecherboxen mussten ein paar Schläge von Athenar ertragen.

Gelungenes Jubiläums-Set

Von den alten Demos bis zum neuesten Album wurde ein köstliches Potpourri des Kataloges von Midnight zum Besten gegeben. Songs wie Black Rock´n´Roll, Lust, Filth and Sleaze, Prowling Leathe und Szex Witchery ließen die Menge im Zeichen der Sünde frohlocken. Die Zugaben von You Can´t Stop Steel und T.A.P. veredelten die eingängigen Schmutz- und Sex-Hymnen. Der Gitarrist legte sich athletisch ins Zeug und legte ein Stage Dive hin. Schließlich erklomm er die Wand aus Verstärkern, um zum Ende des Sets auf diesen zu thronen.

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Athenar verpasste sich selbst ein Waterboarding, sprang wie ein aufgestacheltes Tier wild auf der Bühne herum und schmetterte sich wiederholt seinen eigenen Bass gegen den Kopf. Midnight feierte sein zwanzigjähriges Bestehen aggressiv in vollsten Zügen, getrieben von einer diabolischen Energie, die einen in Grund und Boden stampft. Und die eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass Rock und Metal nach wie vor eine gewisse Gefahr ausstrahlen zu vermögen. Auf die nächsten 20 Jahre Lust, Dreck und Verkommenheit!

Midnight live bei ihrem Auftritt
Midnight triumphieren live | Bild: Hannes Bothfeld

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Seid ihr genauso Feuer und Flamme für Live-Musik wie unser geschätzter Autor Hannes? Dann ist das Magazin von mukken die richtige Anlaufstelle für euch! Hier tummeln sich Live-Berichte , Album Reviews , Features  und Meinungstexte  zu Musikschaffenden. Große Konzerte wie das von Volbeat vergangenes Jahr werden hier kritisch beleuchtet, ebenso wie kleinere Konzerte wie das von Catch As Catch Can

Ursprünglich veröffentlicht am 17. Oktober 2023 aktualisiert am 17. Oktober 2023

Originally published on Oktober 17, 2023, updated on Oktober 17, 2023

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