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„Konzipiert, um anzuecken“ - so beschreibt Drummer Christoph Schneider seine Band Rammstein. Die 143-minütige Rammstein Doku zieht durchgängige Linien, von den Anfängen hinter dem Eisernen Vorhang, über den ersten Triumphmarsch nach Amerika bis hin zu einer bizarren Tournee 2011 und dem spektakulären Comeback im New Yorker Madison Square Garden. Dabei erklären sich einige ihrer Weggefährten, darunter Chad Smith, Iggy Pop, Marylin Manson, Gene Simmons und Moby, bereit, vor laufender Kamera aus dem Nähkästchen zu plaudern. Auch Rammstein selbst kommt zu Wort. Das Sextett, aufgereiht auf zwei schwarzen Sofas, lässt ihre Karriere in dieser Dokumentation Revue passieren.
Name: Rammstein |
Bandmitglieder: Till Lindemann, Richard Kruspe, Christoph Schneider, Christian Lorenz, Oliver Riedel, Paul Landers |
Gründungsdatum: 1994 |
Spricht man in Amerika über Musik, mag der Name Rammstein bei einigen regelrechte Begeisterung auslösen. Die Band hat längst die nationalen Grenzen überschritten und sich auch auf der anderen Seite des Atlantiks einen Namen gemacht. Und nicht nur das: Sie wird weltweit gefeiert, vor allem für ihre sensationellen, geradezu wahnsinnig wirkenden Bühnenshows. Man möge fast behaupten, dass Rammstein Deutschlands hellstes musikalisches Sternchen am Himmel ist.
Chad Smith zählt unumstritten zu den Superstars des Rock 'n' Roll. Drei Jahrzehnte lang hielt er als Schlagzeuger der Red Hot Chili Peppers die Drumsticks in der Hand. Da könnte man fast meinen, dass ihn wohl kaum noch etwas verblüffen mag, außer vielleicht Till Lindemann. Als er diesen einmal fragte, was es mit all dem Feuer auf sich hat, erhielt er folgende Antwort: „Es gibt drei Arten von Feuer. Erstens: Das Feuer in deinem Kopf, deine Gedanken. Zweitens: Das Feuer in deinem Herzen, deine Leidenschaft. Drittens: Einfach nur Feuer“. Ein Rammstein Konzert ohne Feuer - undenkbar. Steven Tyler, der Leadsänger der Rockband Aerosmith, meint, dass man während der Konzerte vermutlich Marshmallows grillen hätte können - und das obwohl man nicht einmal in der Front Row saß.
Die Anfänge der Band gehen auf die 1980er Jahre zurück. Sechs Burschen hinter dem Eisernen Vorhang, die nie geglaubt hätten, je die Art von Musik machen zu können, die sie heute machen. Der Fall der Berliner Mauer erweckte in ihnen die Reiselust und ließ sie ein Jahr vor der Gründung Rammsteins, ohne voneinander zu wissen, zufällig zur gleichen Zeit Amerika bereisen. Sie alle sind restlos von dem Engagement zweier amerikanischer Straßenmusiker begeistert, die selbst vor zwei Zuschauer*innen vollen Elan zeigten. Die sechs-köpfige Band erzählt, dass sie sich damals eine Scheibe von der amerikanischen Einstellung abgeschnitten hat und die „Immer-Vollgas-Haltung“ bis heute bewahrt hat. Geboren und aufgewachsen im Osten Deutschlands, geprägt durch die in Amerika gesammelten Erfahrungen - auf dieser Grundlage entstand „Rammstein“. Die Bandmitglieder sahen die neu gegründete Band damals als künstlerische Reaktion auf die Situation im wiedervereinigten Deutschland.
1997 trat Rammstein erstmals in einem New Yorker Club auf. Das Publikum war überschaubar - ganze 30 Leute seien damals gekommen, um die Band live performen zu sehen. Mit einer Nebelmaschine und einem Brennemantel sorgten sie für erstaunte Gesichter. Weil es damals noch keinen Backstage-Bereich gegeben hatte, so Lead-Gitarrist Richard Kruspe, habe sich Till vor dem Club angezündet und sei quer durch den Saal auf die Bühne gestürmt. Nach ihrem ersten Auftritt wurde die Presse erstmalig auf die sechs Jungs aus der untergegangenen DDR aufmerksam. Dabei wurde insbesondere der außergewöhnliche physische Einsatz hervorgehoben, den sie bei ihrer Bühnenshow unter Beweis gestellt hatten.
Flake und Till erinnern sich an eine absurde Szene bei ihrem ersten Auftritt zurück: Flake ritt eine Weile auf Tills Rücken, während er eine Neonröhre in der Hand hielt. Am Ende dieses akrobatischen Spektakels knallte er die Röhre mit der Erwartung, sie würde in tausend Splitter zerbrechen, mit voller Wucht auf Tills Rücken. Doch vergeblich. Flake war an die deutsche Neonröhre gewöhnt und hatte keine Ahnung, dass die amerikanische Version deutlich robuster und schwerer zu zerbrechen war. So versuchte er wie ein Verrückter, sie auf Tills Rücken zu zerschmettern. Am Ende zerbrach die Röhre in zwei Teile, wovon sich ein Teil in die Schulter eines Bandkollegens bohrte. Till und er bluteten wie Schweine. Heute scheinen sich die Jungs herrlich über diesen Vorfall amüsieren zu können.
Dies schien nicht der einzige Vorfall gewesen zu sein, der fatale Folgen für einige der Rammstein Mitglieder hatte. Bei einem ihrer Auftritte rückten erneut Till und Flake in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die beiden wurden nach einer Bühnenshow in Handschellen von der amerikanischen Polizei abgeführt wurden. Der Grund: Unanständiges Verhalten auf der Bühne. Sie hatten während „Bück Dich“ einen homosexuellen Akt imitiert. Als Till dann noch einen Plastik-Dildo aus seinem Hosenschlitz hängen ließ, der Milch ins Publikum schoss, war die Höhe erreicht. Das Lustige: Die Szene ist nach wie vor Teil der Bühnenshow. Nur für das prüde Amerika habe die Showeinlage damals Grenzen überschritten. Bis heute wirkt der kontroverse Vorfall nach. Wann immer die beiden nach Amerika reisen, müssen sich Till und Flake einem Befragungsverfahren unterstellen. Keine Gnade, kein Promi-Bonus.
Zu Rammsteins Erfolg in den Staaten trug der amerikanische Regisseur David Lynch maßgeblich bei. Er habe „Rammstein“ sowie „Heirate mich“ auf Empfehlung Marilyn Mansons für den Soundtrack von „Lost Highway“ verwendet. Die sechs Jungs wurden praktisch über Nacht zu Superstars. Bei landesweiten Tourneen teilten sie die Bühne mit musikalischen Schwergewichten wie Slipknot, System of A Down und Kiss. Auf wilden Afterpartys, auf den Unmengen an Alkohol konsumiert wurde, ließen es die Rammstein Jungs so richtig krachen. Wieso ihre amerikanischen Bandkollegen nach Auftritten nie so verkatert und erledigt gewesen seien, wie sie es waren, ist ihnen bis heute ein Rätsel. Während sie durch das Land tourten, dämmerte es ihnen langsam, dass auch der amerikanische Traum seine Grenzen zu haben scheint sowie unterschiedlich interpretiert werden kann.
New York, 11. September 2001. Nach den Terroranschlägen auf die Twin Towers schien der amerikanische Traum für Rammstein endgültig zerplatzt zu sein. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten schottete sich aus Angst vor weiteren Angriffen ab und verlor Schritt für Schritt seinen einstigen Glanz. Besonders hart schien es Flake zu treffen. Er beschloss seinen Bandkollegen den Rücken zuzukehren und verabschiedete sich nach Europa. Auch der Rest der Band beschloss, sich von nun an außerhalb von Amerika zu bewegen. Und es vergingen 10 Jahre, bis sie eine Rückkehr wagten.
Die letzten Minuten der Rammstein Doku widmen sich dem Auftritt im New Yorker Madison Square Garden, in dem Rammstein mit einem spektakulären Konzert ihre Rückkehr in die Staaten feierte. Die 18.000 verfügbaren Tickets waren innerhalb von 20 Minuten vergriffen. Anfangs sei es schwierig gewesen, einen Veranstalter zu finden, der sich dazu bereit erklärte, das Risiko eines Rammstein-Konzertes auf sich zu nehmen. Schlussendlich waren es sie selbst, die das Risiko übernahmen. Anreise mit 20 Trucks. Riesige Mengen an Pyrotechnik. Und so viele Effekte, wie die Behörden nur zuließen. Rammstein legte einen, wenn nicht den spektakulärsten Auftritt ihrer Karriere im Madison Square Garden hin. Die Rückkehr nach Amerika hätte nicht besser verlaufen können.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich bis vor Kurzem keinerlei Berührungspunkte mit Rammstein hatte. Ich wusste gerade einmal, in welches Genre ihre Musik eingeordnet werden kann, mehr nicht. Als Till Lindemann vor einigen Wochen dann in aller Munde war, beschloss ich mich näher ins Thema einzulesen, besser gesagt „einzuschauen“. Teil davon war es, die Rammstein Doku „Rammstein in Amerika“ anzuschauen. Und ich muss sagen, dass sie mir sehr gut gefallen hat. Regisseur Hannes Rossacher, ist es meiner Meinung nach gut gelungen, das gesamte Schaffen von Rammstein bis hin zu jenem Abend, an dem die Band ihre Rückkehr nach Amerika feierte, in eine Doku zu packen. Durch das Bildmaterial aus dem Privatarchiv der Musiker habe ich mich in die Zeit, in der sie ihren Durchbruch feierten, zurückversetzt gefühlt. Und dann auch noch die Anekdoten zahlreicher Weggefährten, die den Erzählungen der sechs Bandmitglieder noch einmal zusätzlichen Glaubwürdigkeit verleihen. Ich kann die Rammstein Doku all denjenigen, die bis jetzt (so wie ich) noch nie mit Rammstein in Berührung gekommen sind, nur weiterempfehlen; und natürlich auch all denjenigen, die schon lange Rammstein-Fans sind.
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„Rammstein" ist eine Anspielung auf das Flugunglück, das sich 1988 auf der Airbase Ramstein in Rheinland-Pfalz ereignete. Bei einer Militärflugschau kollidierten drei Kunstflugmaschinen in der Luft, woraufhin diese brennend auf das Publikum stürzten. Dabei kamen 70 Menschen ums Leben und rund 1.000 wurden verletzt. Die Bandmitglieder wählten anfangs den Namen „Rammstein Flugschau“. Aus Versehen schreiben sie Rammstein jedoch mit zwei „m“; tatsächlich schreib man die Airbase aber nur mit einem „m". Der Name trug maßgeblich zur anfänglichen Popularität der Band bei, löste jedoch auch harsche Kritik aus. Im Laufe der Zeit deuteten einzelne Bandmitglieder immer wieder an, dass sie nicht vollständig zufrieden mit dem Namen waren. Dennoch entschieden sie sich dafür, den Namen beizubehalten. Später wurde der Name von „Rammstein Flugschau" auf "Rammstein" gekürzt, da er einfacher auszusprechen und zu merken war.
Laut neuester Erkenntnisse verdient Rammstein ganze 2 Millionen Euro pro Auftritt.
5/5 Sterne
Meiner Meinung nach ist „Rammstein in Amerika“ eine sehr gelungene Musik Doku, die sich durch die beeindruckende Menge an Bildmaterial aus dem persönlichen Archiv der Bandmitglieder auszeichnet und Zuschauer*innen auf diese Art und Weise die Chance gibt, hautnah bei ihren Reisen und Auftritten dabei zu sein.
Ursprünglich veröffentlicht am 22. November 2023 aktualisiert am 22. November 2023
Fokusthema: Bo Burnham: Inside – Eine dokumentarische Musikkomödie für unsere verwirrte Zeit
Originally published on November 22, 2023, updated on November 22, 2023
Fokusthema: Bo Burnham: Inside – Eine dokumentarische Musikkomödie für unsere verwirrte Zeit